20.11.24

Zwischen Verdrängung und Menschenverachtung: Filmvorführung „The Zone of Interest“

Im Rahmen der Schulkinowoche Baden-Württemberg besuchten Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 2 des Hebel-Gymnasiums den oscarprämierten Film „The Zone of Interest“ im Luxor-Kino Schwetzingen. Der Film zeigt die Familie des Lagerkommandanten Rudolf Höss, die in unmittelbarer Nähe des Vernichtungslagers Auschwitz eine scheinbar idyllische Existenz aufzubauen versucht. Begleitet wurden die Schülerinnen und Schüler von den Lehrkräften Christiane Graf, Sabine Appel, Ralf Slot und Hannes Steffen Henn.

Die Hauptrollen des Films wurden eindrucksvoll von Christian Friedel (Rudolf Höss) und Sandra Hüller (Hedwig Höss) verkörpert. Regie führte Jonathan Glazer, der auch das Drehbuch schrieb. Besonders in der Figur der Hedwig Höss wird die Menschenverachtung deutlich: Sie lässt sich Pelzmäntel aus jüdischem Besitz anliefern und droht ihrem Hausmädchen unverhohlen, sie könne jederzeit dafür sorgen, dass ihre Asche auf den Feldern verstreut werde. Mit Stolz berichtet sie, dass ihr Mann sie als „Königin von Auschwitz“ bezeichnet. Dieses Verhalten zeigt nicht nur eine moralische Verrohung und Normalisierung, sondern auch eine aktive Verdrängung der Grausamkeiten, die direkt vor der Haustür geschahen. Eine andere Szene, die die Zuschauer besonders erschütterte, zeigt den Sohn der Höss-Familie, der spielerisch mit ausgebrochenen Zähnen im Bett hantiert – ein Sinnbild für die schleichende Akzeptanz von Grausamkeit im Alltag. Gleichzeitig durchbrechen wiederkehrende Elemente wie der Rauch aus dem Krematorium, Schüsse, Hundegebell und Schreie der Opfer die vermeintliche Idylle der Familie. Die brutale Realität wird dennoch verdrängt und ignoriert.

Im Anschluss an die Vorführung fand ein intensiver Austausch mit zwei Experten statt: Wolfgang Reich, Polizeihauptkommissar und Experte für Extremismusprävention, sowie Benny Salz, ein Mitglied der jüdischen Gemeinde aus Mannheim. In der Diskussion setzten sich die Schülerinnen und Schüler mit der subtilen, aber eindringlichen Darstellung der Verbrechen auseinander. Eine Schülerin betonte, dass der Film nur dann verständlich sei, wenn man die historischen Hintergründe kennt – ein Wissen, das die Hebelianerinnen und Hebelianer durch ihre reflektierten Beiträge eindrucksvoll unter Beweis stellten.

Wolfgang Reich wies in seinem Beitrag auf die gegenwärtigen Gefahren extremistischer Strömungen hin, die auch heute wieder verstärkt an Einfluss gewinnen. Benny Salz reflektierte die zentrale Aussage des Films und zog das Fazit: „Ein faschistisches System produziert toxisches Verhalten und deformiert Menschen.“ Von den Diskussionsbeiträgen der Schülerinnen und Schüler zeigte er sich beeindruckt.

Die Veranstaltung wurde von allen Beteiligten als bedeutender Beitrag zur historischen und politischen Bildung wahrgenommen. Sie regte die Schülerinnen und Schüler nicht nur zum Nachdenken an, sondern sensibilisierte sie auch für die Bedeutung von Erinnerungskultur und für die Gefahren, die von totalitären Ideologien und der Verdrängung von Verantwortung ausgehen.

Hannes Steffen Henn

Wolfgang Reich (li.) und Benny Salz (re.) diskutieren nach der Filmvorführung mit den Hebelianerinnen und Hebelianern.
Wolfgang Reich (li.) und Benny Salz (re.) diskutieren nach der Filmvorführung mit den Hebelianerinnen und Hebelianern.