Für alle Schüler*innen des Hebel-Gymnasiums Schwetzingen, die im Rahmen des Ethik-Unterrichts der neunten Klasse die Mannheimer Yavuz Sultan Selim Moschee im Mannheimer Jungbusch besuchen, ist dies das erste Mal.
Von außen sieht die Moschee, die in ihrem Gebetsraum Platz für 2500 Menschen bietet, recht unscheinbar aus, besonders im Vergleich zu der großen katholischen Kirche in der unmittelbaren Nachbarschaft am Luisenring. Bewusst wurde beim Bau der Moschee eine schlichte Architektur gewählt, die sich unauffällig in das Straßenbild einfügt.
Umso überraschter sind die Gäste, wenn sie den Gebetsraum erleben, der mit seiner großen Kuppel, dem dunkelroten Teppichboden, dem riesigen Kronleuchter in der Mitte und den überwiegend in blau gehaltenen Kalligraphien und Ornamenten zu den schönsten in Deutschland zählt.
Talat Kamran, von Haus aus Politikwissenschaftler und Leiter des in den Moscheekomplex integrierten Instituts für „Integration und interreligiösen Dialog e.V.“, der vor kurzem von der Stadt Mannheim als „Kulturbotschafter“ ausgezeichnet wurde, erzählt aus seiner eigenen Erfahrung, wie es zum Bau der Moschee in Mannheim kam. Durch die steigende Anzahl der Muslime in Mannheim war das Bedürfnis nach einem repräsentativen Gotteshaus entstanden. Von Anfang an war die türkische DITIB Moscheegemeinde in Mannheim darauf bedacht, mit den Nachbarn im Stadtviertel gut auszukommen und sich am interreligiösen Dialog in der Region zu beteiligen. Auf Nachfrage weist Talat Kamran darauf hin, dass sich die Moschee inzwischen aus eigener Kraft durch die Mitgliedsbeiträge der Gemeindemitglieder finanziert.
Zum Beginn der Führung durch das islamische Gotteshaus erklärt uns Kamran das aufwändig gestaltete orientalisch wirkende Brunnenhaus, in dem die Gläubigen, die inzwischen vermehrt in die Moschee zum Mittagsgebet kommen, die vorgeschriebene rituelle Waschung vornehmen.
Im Gebetsraum werden Gebetsnische und Kanzel besichtigt, ebenso das Podium des Muezzin. Die Moscheegemeinde verzichtete von Anfang an auf einen Gebetsruf nach außen, sodass er zu den Zeiten des Pflichtgebetes nur nach innen erfolgt.
Als Gäste dürfen die Ethik-Schüler*innen von der Empore aus das Mittagsgebet miterleben, zu dem inzwischen etwa 100 Gläubige dem liturgischen Sprechgesang des Gebetsrufers gefolgt sind und sich im Saal versammelt haben. Überrascht sind die Schüler von dem meditativen Charakter des Ritualgebets, das immer wieder Phasen der Stille enthält und Zeit für das private, innere Gebet ermöglicht. Der Imam, der als Vorbeter in der Gebetsnische das Gebet anleitet, rezitiert nach dem Gebetsteil mit einer volltönenden Bassstimme in arabischer Sprache aus dem Koran. Wie die meisten Anwesenden verstehen die Schüler*innen diese Sprache nicht, gleichwohl sind sie berührt von dem Ernst und der Schönheit, die in dem hingebungsvollen Vortrag deutlich wird.
Nach dem Mittagsgebet werden alle Gäste noch in die Cafeteria zu einem türkischen Tee eingeladen; hier gibt es auch die Gelegenheit für Fragen und Begegnung.
Der Besuch der Moschee bringt den Neuntklässlern neue Impulse und sicherlich einen Zuwachs an interkultureller Kompetenz. Yousra zieht ein Fazit: „Viele sollten die Moschee besuchen, weil sie zu wenig vom Islam wissen und oft Vorurteile haben. Diese können hier abgebaut werden. So entsteht mehr Toleranz zwischen den Religionen und Weltanschauungen.“ Valentina ergänzt: „Mir hat besonders das Zusammensein in der Cafeteria gefallen. Hier war eine gute Gemeinschaft spürbar.
(Hanna Schwichtenberg, Ethik-Lehrerin)