Was ist der Sinn des Lebens? „Es gibt nichts, was Bedeutung hat“, behauptet der Schüler Pierre Anthon und seine Mitschüler fühlen sich nun herausgefordert. Sie wollen ihm beweisen, dass es doch den Sinn des Lebens gibt. Sie beginnen Dinge zu sammeln, die scheinbar bedeutsam sind. Auf der Suche nach Sinnhaftigkeit entwickeln sie aber eine gefährliche Gruppendynamik, die außer Kontrolle gerät.
Dies ist der Inhalt des preisgekrönten, vieldiskutierten Jugendbuch „Nichts“ von Janne Teller. Die Theater-AG des Hebel-Gymnasiums hat sich der faszinierenden Erzählung um die existentiellen Fragen angenommen und auf brillante Weise inszeniert. Doch damit nicht genug. Bei Jane Tellers „Nichts“ scheitern alle Versuche, Bedeutung zu finden. Die Theater-AG hat jedoch einen zweiten Text hinzugezogen, in dem eine Lösung angedeutet wird: „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende. In diesem Jugendroman verschlingt das „Nichts“ immer mehr Teile des erfundenen Landes Phantasien. Auch hier ist die Versuchung, den Kampf aufzugeben und die Sinnlosigkeit des Tuns zu akzeptieren, verführerisch groß.
In vielen Proben haben die jungen Akteure unter der Regie von Lehrer Daniel Heilmann und Schulsozialarbeiterin Elke Christoffel eine künstlerisch ausgereifte Inszenierung einstudiert. Vera Kreichgauer als nihilistischer Pierre Anthon zeigte ebenso eine bis ins Detail perfekt abgestimmte schauspielerische Leistung wie die immer aggressiver werdenden Klassenkameraden (Luisa Bade, Christoph Birkel, Kim Galleck, Daniel Hadiradardjo, Marcel Herm, Viola Koc, Zsuzsa Odemer, Daniel Rösch, Vanessa Sander, Sabrina Schluchter, Anne Wollschläger).
In der parallel gespielten „unendlichen Geschichte“ versucht Atréju (Lukas Siegel) der Kaiserin (Kjara Krunic) zu helfen, damit die Verbreitung des Nichts gestoppt wird: Die Rettung besteht darin, aus der eigenen Welt auszubrechen und sich auf eine Grenzüberschreitung einzulassen. Die beiden Geschichten haben viele überraschende Bezüge, die in der hochkomplexen Aufführung in starke Bilder oder Worte umgesetzt werden. Auch Musik und Stimmenverzerrung vermitteln den Zuschauern das Gefühl, in eine andere Welt einzutauchen. Am Ende werden sie Teil der Geschichte. Und so entkommen sie dem Strudel des Verzweiflung, indem sie für sich einen Sinn finden: in der Fantasie.
(Birgit Schillinger)