06.05.16

Begegnungen mit dem Judentum II

Das „Haus der Ewigkeit“, so der hebräische Name für den jüdischen Friedhof, ist das Ziel eines Lerngangs der Siebtklässler, die von ihrer Ethik-Lehrerin Hanna Schwichtenberg sowie von Referendar Conrad Knittel begleitet werden.

Der kleine, etwas versteckt liegende Friedhof am nordwestlichen Rand des städtischen Friedhofs am Ortsausgang nach Mannheim hin, ist von einer alten Steinmauer umfasst, die von Efeu überwuchert ist. Alte Bäume geben zusätzlichen Schutz des 1893 von der jüdischen Gemeinde gekauften und in Betrieb genommenen Friedhofs.

Von Kurt Glöckler, einem ehemaligen Religionslehrer am Hebel-Gymnasium und Schuldekan im Ruhestand,  erfahren die Schüler, dass im Judentum die Toten in der Erde bestattet werden und dass eine Feuerbestattung nicht vorgesehen ist. Die dauerhafte Totenruhe gilt als unantastbar, daher werden die Grabstätten im Gegensatz zu christlichen Gräbern nicht mehr verändert, sondern der ewigen Ruhe überlassen. Deshalb sind viele der 58 Grabsteine verwittert und vom Verfall gekennzeichnet. Auch gibt es keinen Blumenschmuck. Als Erinnerung lassen Besucher gerne kleine, graue Steine da. Da aber der letzte Tote hier vor Jahren bestattet wurde, kommen eher selten Angehörige der Toten, öfter interessierte Gruppen wie die Hebel-Schüler.

In den 70er Jahren wurden einige Gräber von Jugendlichen aus Schwetzingen geschändet, obwohl der Friedhof mit einem schmiedeeisernen Tor normalerweise immer geschlossen ist. Die erschrockenen Schüler suchen und finden noch Spuren der Verwüstung.

Die Gräber erzählen Geschichten, Herr Glöckler kann viel davon berichten, so zum Grab des Hauptlehrers Simon Eichstetter oder zu Grabsteinen, die nur zur Hälfte beschriftet werden konnten, weil die Familienangehörigen, für die der Platz reserviert war, deportiert wurden und in den Vernichtungslagern umkamen.

Herr Glöckler übersetzt auch einige der hebräischen Grabinschriften; am häufigsten steht dort der hoffnungsvolle Spruch: „Ihre Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens“.

Auch die Symbole werden erklärt. So steht das Füllhorn für ein erfülltes Leben; die segnenden Hände, die gleich mehrfach zu finden sind, bedeuten, dass der Tote ein Nachfahre der Priesterfamilie „Kohen“ war.

Die Schüler dürfen mit Kohlepapier eine der Inschriften „abpausen“, andere erkunden die Gräber noch auf eigene Faust. Besonders berühren sie die Kindergräber am Ausgang, wo die kleinen Steine von Efeu überwachsen sind, ab und an wächst hier auch eine Morchel.

Auf dem Rückweg durch den christlichen Friedhofsteil besichtigt die Gruppe auch noch das neu angelegte muslimische Gräberfeld und kann so die Beerdigungsbräuche interkulturell vergleichen.

( Hanna Schwichtenberg)